Bilder einer Ausstellung u.a.
Alexander Krichel (Klavier)
Berlin Classics (61‘)
Wertung: 8
Alexander Krichel, vormals bei Sony unter Vertrag, hat nun das Label gewechselt und stellt sich auf seinem Debüt-Album bei Berlin Classics einem strengen Vergleichswettbewerb. Vorweggesagt: Im Dickicht der unzähligen Einspielungen, die die Rezeptionsgeschichte von Mussorgskys Bildern einer Ausstellung hervorgebracht hat, schlägt sich seine im Mai dieses Jahres entstandene Aufnahme nicht nur achtbar, sondern sehr gut. Ohne auf bequeme Mittelwege auszuweichen (was angesichts dieses musikgeschichtlichen Unikats auch absurd wäre), beweist Krichel als Führer durchs Panoptikum erstaunlichen Sinn für Maß und Geschmack. Dadurch kommt das Exzentrische der Partitur viel eindringlicher zur Geltung als bei Pianisten, die sich wie die Geier auf diesen Aspekt stürzen, am Ende aber nur erwartbaren Effekt erzeugen. Hier heißt es wirklich: entdecken, staunen und in eine Bilderwelt eindringen, die psychologische Vorgänge auslöst. Wie eine innere Vorbereitung wirkt in diesem Zusammenhang die heitere, sonst leider viel zu wenig beachtete Suite Nr. 2 von George Enescu, die Krichel dem Zyklus voranstellt, wie ein „Rausschmeißer“ (nach forderndem Museumsbesuch) das idyllische Nocturne Alexander Borodins.
Stephan Schwarz-Peters