TOCCATEN
Claire Huangci (Klavier)
BERLIN CLASSICS | 72′
Bewertung: 9
Spätestens seit ihrem Sieg beim Concours Géza Anda 2018 gehört Claire Huangci zu den meistbeachteten Pianisten der jüngeren Generation. Bisher hat sie vor allem virtuose romantische Werke eingespielt, nun präsentiert sie sich erstmals mit Bach. Für ihr Bach-Debüt hat sie dessen sieben Toccaten ausgewählt, die man leider viel zu selten zu hören bekommt. Mutmaßlich hat der Bach-Biograph Philipp Spitta zu dem schlechten Ruf der Stücke beigetragen, da er sie als „unbehülflich“ und „teils maßlos“ beschrieb und als „Arbeit eines Anfängers“ abtat. Da irrte er sich allerdings gewaltig, bieten die Toccaten doch nahezu alles, was Bachs geniale Werke ausmacht: raffiniert ausgetüftelte Kontrapunkte, fantasieartige Abschnitte voller unerwarteter Wendungen und liebliche Kantilenen. Man hört vom ersten Ton an, dass Claire Huangci die Stücke viel Spaß bereiten. Mit Verve und Leidenschaft stürzt sie sich in diese lebhafte Musik und zeigt in den freieren Passagen, dass sie erheblich an Gestaltungskraft dazugewonnen hat. Auf die zu Tode gespielte Orgeltoccata d-Moll in der Busoni-Fassung hätte sie allerdings verzichten können. Die passt doch eher auf ein Best-of-Classic-Album.
Mario-Felix Vogt