Klaviersonaten
Florent Boffard (Klavier)
Harmonia mundi (67‘)
Wertung: 7
Das Spiel mit den „drei großen Bs der Musikgeschichte“ kann man, dank zufälliger Häufung dieses Buchstabens am Anfang berühmter Komponistennamen, ziemlich ausdehnen. Dass Ludwig van Beethoven, Alban Berg und Pierre Boulez ein Kleeblatt von besonderer musikhistorischer Bedeutung bilden, ist unbestritten – und dass Florent Boffard sie mit jeweils einem Werk aus ihrem Klavierschaffen in eine dramaturgische Ordnung bringt (im Falle Bergs mit dem einzigen aus dem offiziellen Werkkatalog) nur folgerichtig. Alle Interpretationen eint die eher analytische, selbst in den Leidenschaftsstürmen im Kopfsatz der Appassionata noch auf eigentümlich-nüchterne Distanz bedachte Herangehensweise, die eher auf Offenlegung musikalischer Strukturen setzt und die Gefahr, im Strudel des musikalischen Geschehens zu versinken, weitmöglich zu umgehen versucht. Damit stößt Boffard vor allem in Bergs treibhausküchenmäßig beheiztem Opus 1 auf interpretatorische Grenzen, erweist sich aber – als langjähriges Mitglied des Pariser Ensemble Intercontemporain – als idealer Kenner der Musik von Pierre Boulez, dessen dritte Klaviersonate hier nicht nur durch ihre Präzision und Exaktheit in der Darstellung des Notentextes, sondern auch in Sachen Drive und Farbigkeit fasziniert.
Stephan Schwarz-Peters