Fabian Müller, Klavier
BERLIN CLASSICS (EDEL), 2021 | 69‘59
Schumanns zweite Sonate op. 22 ist die Leidenschaftlichkeit des jungen Genies. Ungestüm, so rasch wie möglich, ausufernd, die Welt umarmend, schneller und noch schneller. Natürlich ist die Ratio hier nicht erwünscht als Störenfried im bloßen Sein. Diese ideelle, utopische Musik zu interpretieren ist ausgesprochen anspruchsvoll, denn es muss ja trotzdem pianistisch kultiviert, mitteilend und verständlich gespielt werden. Fabian Müller gelingt das Unmögliche. Auch die noch etwas atemlose Introvertiertheit des Andantinos (getragen) kann er atmosphärisch erfassen, ebenso wie das spitzfingerige Scherzo und das rasende Finale. Bravo! Die Entdeckung auf diesem Album ist „Tombeau“ von Wolfgang Rihm. Sehr spannend. Müller zeigt uns hier, was ein Mensch am Tasteninstrument können kann. Beethovens Appassionata op. 57 trägt schon im Namen das Schlüsselwort. Dieser Name wurde der Sonate erst über 30 Jahre nach ihrem Entstehen von Beethovens Verleger Cranz hinzugefügt. Ja, die Marktgesetze … trotzdem können wir uns über diesen markanten Namen freuen, denn er ist Programm: Leidenschaft. Fabian Müller interpretiert diese expressive Virtuosität bodenständig und gegenständlich. Er blüht im zweiten Satz auf, in der die einzelnen Variationen uns Hörer in eine Art Trance versetzen, und er erlöst uns mit einem hervorragend gespielten Finale.
Florestane Croche