KLAVIERSONATE NR. 8, VISIONS FUGITIVES,
ROMEO UND JULIA (AUSZ.)
Nicholas Angelich (Klavier)
ERATO | 79‘
BEWERTUNG: 8
Der amerikanische Pianist Nicholas Angelich gehört zum Dunstkreis von Martha Argerich und hat vor allem als einfühlsamer Interpret von Werken der Romantik auf sich aufmerksam gemacht.
Auf seinem aktuellen Album präsentiert er sich nun mit einem Prokofjew-Programm. Neben der achten Sonate finden sich darauf die viel zu selten im Konzert erklingenden Visions fugitives (Flüchtige Erscheinungen) sowie Auszüge aus der Musik zum Ballett Romeo und Julia. Die Sonate Nr. 8 ist die letzte der drei Kriegssonaten, sie ist weniger virtuos und versöhnlicher als die beiden Vorgängersonaten und kommt Angelichs lyrischem Temperament sehr entgegen. Er wählt für die einzelnen Sätze im Vergleich zu Andrei Gavrilov und Svjatoslav Richter eher gemäßigte Tempi und betont anders als die beiden Kollegen eher das klangliche als das motorische Moment; so versteht er den zweiten Satz etwa weniger tänzerisch als vielmehr nostalgisch. Diese Tendenz zeigt sich auch in den Visions fugitives und den Stücken aus Romeo und Julia. In intimen Sätzen weiß Angelich zu verzaubern, wenn jedoch – wie in Die Montagues und Capulets – perkussiver Biss und schroffes Zupacken gefordert ist, so bleibt er oft zu weich, zu melodisch, zu harmlos. Da verfehlt der Romantiker Angelich den Antiromantiker Prokofjew.
Mario-Felix Vogt