Klaviersonaten Nr. 18 u. 19
Andrea Lucchesini (Klavier)
Audite (74‘)
Wertung: 9
Ungebrochen erweist sich Andrea Lucchesini auch im dritten und letzten Teil seiner Aufnahmen von Schuberts späten Klavierwerken als eminenter Interpret dieses Repertoires. Hier stellt der italienische Maria-Tipo-Schüler die 1826 und 1828 entstandenen Sonaten G-Dur D 894 und c-Moll D 958 einander gegenüber: zwei aus einer einheitlichen Gefühlswelt gespeisten Werke, die sich trotz konträrer Charakteristik – formüberschreitend-traumwandelnde Weite auf der einen, energisch-geraffte, trotzig aufgeladene Tragik auf der anderen Seite – näher stehen als auf den ersten Blick gedacht. Lucchesini legt die verborgenden Verbindungspfade zwischen diesen beiden Monolithen auf sensible und pianistisch unantastbare Weise frei, meidet das allzu Mystische, setzt auf Klarheit und Ordnung, ohne dabei den emotionalen Gehalt der Musik zu vernachlässigen. Das zeigt allein die kontrollierte Energie, mit der er den so deutlich an das Thema von Beethovens c-Moll-Variationen erinnernden Kopfsatz-Beginn der in der gleichen Tonart stehenden Sonate D 958 angeht. Sie wirkt wie die logische Konsequenz aus dem Vorangegangenen und beweist, wie vorausschauenden Blick des Pianisten über die Gesamtarchitektur dieses späten Schubert-Kosmos.
Stephan Schwarz-Peters